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Gedichte
Teil 1: 1995-2007

Paris 1983-1985 - Haan 1986-1992

Basel 1992-1996 - Hamburg 1995-1997

Haan 1996-1998 - Stockholm 1998-2005

Oxford 2005-2006 - Haan 2006-2007


Klaviersonate 'Pathetique', L.v Beethoven (6:25)

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Abschied
 
Ich geh'.
Das macht weh'.
Ich würde gern bleiben,
mich an Euch reiben,
Ihr macht mir Mut,
das tut gut.
Wird etwas bleiben?
Die Zeit wird es zeigen.
Die Zeit heilt Wunden,
ich bleib' Euch.
Verbunden.
 
Schweiz 11/95
 
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Ankunft
 
 
Ich bin wieder da.
Hurrah!
Soll ich bleiben,
mich an Euch reiben?
Ihr habt Mut?
Das ist gut.
Wird Neues entstehen?
Wir werden sehen.
Die Zeit ist geduldig.
Wir sind ihr was schuldig.
 
 
Hamburg 12/95


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Sinn-Frage
 
 
Hat das Leben einen Sinn?
Hat es einen Sinn,
dass ich lebe, dass ich bin?
Einen Sinn in sich?
Für mich?
Für Dich?
Wenn sich der Sinn mir nicht erschliesst,
heisst das, dass es keinen gibt?
 

Hamburg 12/95





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Prostitution
 
 
Prostitution, wie es uns gefällt,
ist Sache der Frauen,
Liebe für Geld.
Viel schlimmer jedoch,
als durch Liebe bei Nacht,
prostituiert sich der Mann,
durch die Liebe zur Macht.

 

Düsseldorf 1997


 
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Die Macht-Junkies

 
Ihr Friedliebenden im Erdenrund,
gemeinsam gebt die Botschaft kund:
Es reicht der Menschheit lange schon an Schäden.
Gebt kund, dass Abstammung, Religion und Rasse,
dass Wissen, Einkommen und Klasse
kein Vorwand sind für Fehden.
 
Gebt kund, dass sie kein Grund für Trennung
kein Alibi für Aberkennung der Rechte, die für jeden.
Geballt stellt Euch in enge Reihen,
denen zum Trotz, die uns entzweien,
von Frieden sie nur reden.
 
Helft denen, die vom wahren Frieden träumen!
Die auch die Chance zu Taten nicht versäumen.
Und wehret denen, die davon nur schwätzen.
Die andere Meinung nicht vertragen,
die leichten Krieg und nicht den schweren Frieden wagen,
und heimlich ihre Messer wetzen.
 
Fanatiker und Extremisten
wer nennt die Namen auf den Listen,
Präsidenten, Kanzler uns’rer Staaten
gehör‘n zu denen, die ihr Volk verdummen,
im Namen Gottes, Allahs, mit gespaltenen Zungen
rechtfertigen sie ihre Taten.
 
Sie sind‘s die Ungerechtes schüren,
doch außer Selbstsucht nichts mehr spüren.
Es schert sie nur die eig'ne Macht und der Profit in ihren Läden.
Ihr Friedliebenden im Erdenrund, vereinigt euch zum Weltenbund:
das Schicksal dieser Menschheit baumelt nur an dünnen Fäden.
 
Shareholder Value und Globalisierung
dienen ihnen zur Fokussierung.
Sie reden euch ein, ihre Hände in Unschuld zu waschen.
Doch wir sind selten gut gefahren,
wenn Macht-Junkies am Ruder waren,
sie füll'n am Ende nur die eig'nen Taschen.
 
Ihr Friedliebenden im Erdenrund,
gemeinsam gebt die Botschaft kund:
es reicht der Menschheit lange schon an Schäden.
Gebt kund, dass wir nicht länger schweigen,
dass wir bereit sind, mit dem Finger auf diejenigen zu zeigen,
die unsere Werte, unsere Ethik mit den Füßen treten.

 
Stockholm, 2002 bis 2003


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Weihnachten / Neues Jahr
 
Weihnachten:
Träume von Frieden und Liebe.
Wünsche, Flucht aus der Wirklichkeit.
 Ängste, Sorgen, tief verschneit.
Das neue Jahr: Schicksalsfragen.
Hoffnung, Zuversicht.
Viele klagen,
die keine eigene  Zukunft wagen.
 
Weihnachten. Das neue Jahr:
Erinnerungen an das,  was war.
Träume für morgen, ich steh' bereit,
verhelfe Euch zur Wirklichkeit.
 
 
Hamburg. 12/95




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Die Wiesenbecker Teiche
 
 
Im Wiesenbecker Teiche
Da schwimmt ’ne tote Leiche.
Huch, jetzt wird sie munter,
Ach nee, die geht nur unter.
 
Am Wiesenbecker Teiche,
Da steht ’ne bunte Eiche.
Auch Buchen sind darunter,
Das macht den Teich noch bunter.
 
Am Wiesenbecker Teiche,
Da kriecht ’ne blinde Schleiche.
Ich stehe da, ganz stille
Und kann sie seh’n. Mit Brille.
 
Am Wiesenbecker Teiche,
Da sieht man nicht nur Reiche.
Auch wir, wir sind darunter,
Wir drei hier - und der Hund da.

 
Harzreise, 1997



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Friedliches  Schweden
 
Kurz bevor die Sonne untergeht,
Kurz bevor die Nacht dem Tag das Licht abdreht,
Legt sich ein Zauber über dieses Land
Und zaubert Farben, die ich nie gekannt.
 
Die Stimmung ist dann eigen,
Schaurig schön. Und auch ganz still.
Man kann dann Ehrfurcht spüren.
Wenn man will.
 
Und wenn der Mond dann aufgeht  über’m Horizont,
Wenn er sich in den letzten Strahlen dieser Abendsonne sonnt,
Kehrt Ruhe ein in Deinem Geist
Und Du begreifst – vielleicht - was Frieden heißt.

 
Djursholm, Oktober 2003


 
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Confrérie des Chevaliers du Tastevin
 
Vor ein paar Tagen in Burgund
Da schlug für mich die große Stund',
Zum Chevalier wurd' ich geschlagen,
Den Tastevin darf ich nun tragen,
Mich "Chevalier du Table" nennen
Und mich zu gutem Wein bekennen.
 
Ein "Grand Spectacle" war es schon,
Diese Inthronisation,
Mit dem Zeremonienmeister,
Mit dem Boss, "Grand Maître" heißt er,
Mit viel Spaß und sehr viel Essen
Und mit viel Wein, nicht zu vergessen.
 
Um die Erinnerung zu teilen
Möchte ich noch gern verweilen
Und habe dies Gedicht geschrieben,
Um euch zu sagen: „meine Lieben,
Schaut des öfteren ins Glas,
Denn: „in vino veritas".

 
Beaune, Frankreich, Oktober 2003



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Herbst
 
 
September wind.
Er streicht von Süden her.
Der Tag ist mild, die Luft ist lind,
Ein leichter, blauer Dunst liegt überm Meer.
 
Oktober sonnenstrahlen.
Der Wein erhält den letzten Schliff.
Der Herbst beginnt die Blätter anzumalen,
Heut' zeigt er von der schönsten Seite sich.
 
November nebel wallen.
Das Netz der Spinne glänzt im Morgentau.
Von welken Bäumen welke Blätter fallen,
Die Welt versteckt sich. Grau in Grau.
 
 
 Stockholm, September 2004



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Thorsten’s Polenkrise
 
(Aus Anlass des gescheiterten EU Gipfeltreffens in Brüssel – EU-Verfassung – am 5. und 6. Dezember 2003)

Ganz tief in mir da wehrt sich was,
Es wehrt sich schlicht zu glauben, dass
Das, was geschah, geschehen ist.
So ein verdammter riesen Mist.
 
Ich bin ein Überzeugungstäter
„Europa lieber heut’, als später“.
Nun haben sie es mir gestohlen,
Der Teufel soll die Polen holen.
 
Sie sind noch nicht mal richtig drinnen
Und fangen jetzt schon an, zu spinnen.
Es brodelt, kocht in mir, macht Wut,
Ich wusste nicht, wie weh das tut.
 
Zwar wird es auch noch Polen schmerzen
(ich gönne es von ganzem Herzen)
Doch ist es damit nicht getan,
Europa wirft es aus der Bahn.
 
Wenn der Idee der Idealismus fehlt,
Wenn jeder nur noch seine Euros zählt,
Wenn alles recht ist, was die Macht vermehrt,
Dann ist Europa keinen Euro wert.
 
Rückbesinnung tut jetzt Not,
Nicht Rumänien, nicht Türkei,
Denn sonst ist Europa tot
Und der schöne Traum vorbei.
 
„Vive La France“, Du stolzes Land,
Das zur rechten Zeit erkannt,
Was jetzt angesagt zu tun
„Packen wir’s an, im Geist von Rom“.



Djursholm, Dezember 2003


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Wie schön doch Lebern sein kann

(oder, die wirklich wichtigen Dinge des Lebens kann man nicht sehen, nur fühlen)


-in den Weinkeller hinunter zu gehen, in Ruhe die ”richtige” Flasche Bordeaux auszusuchen,
sie vorsichtig zu tragen, damit ja nicht das Depot aufgerührt wird,
sie zu entkorken (ganz vorsichtig), den Wein zu decantieren, ihn atmen zu lassen,
lange, wenn es sein muss;
ihn in das Glas zu einzuschenken,
ihn anzuschau’n, ihn funkeln zu lassen, ihn zu riechen, zu kosten, zu schlürfen,
ihn zu trinken, zu genießen, ihn nachwirken zu lassen, sich beeindrucken lassen...........

Wie schön doch Genuss entstehen kann.

-in die Garage zu gehen, das sanfte klock-klock-klock
des durch die Fernbedienung geweckten Wagens zu hören,
zuzusehen, wie sich innerhalb von 16 Sekunden das Dach öffnet,
die Mechanik fast geräuschlos arbeitet und das Dach im Kofferraum verschwinden lässt,
die Wagentür zu öffnen, sich tief in den Sitz hineinfallen zu lassen,
den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken und ihn nur kurz–ganz kurz- anzudrücken,
dem satten Ton des Achtzylinder zuzuhören und langsam los zu fahren,
sich fahren zu lassen, wie an einer Schnur gezogen,
eine Beziehung zu spüren zwischen Dir und dem Fahrzeug.......

Wie schön doch Technik gefühlt werden kann.


-auf den Golfplatz zu gehen, den kleinen Lümmel von Golfball aufzuteen,
die richtige Stellung einzunehmen, den Schwung einzuleiten, durchzuschwingen
und dann dieses eine, dieses kurze, dieses trockene, dieses hohle, fast metallische „tock“ zu hören
und sofort zu wissen, dass dieser Schlag „einfach stimmte“;
dem Ball hinterher zu sehen, zu sehen, wie er steigt und steigt und steigt
und fliegt und fliegt und fliegt und fliegt
und sich dann ganz nahe dem gewünschten Zielpunkt nieder senkt,
noch ein wenig rollt und rollt und rollt und mit einem ‚klock‘ im Loch verschwindet,

Wie schön doch Sport erlebt werden kann.


-die IWC-Minuten-Repetition an das Ohr zu halten und andächtig zuzuhören,
wie sie - mit unterschiedlichen Glöckchen -
die Stunden, die Viertelstunden und die Minuten schlägt;
und es gleich noch einmal zu tun........

Wie schön doch Zeit vergehen kann.


-bewusst, mit offenen Augen für das Alltägliche durch das Leben zu gehen
und plötzlich den Gegenstand, das Leben, die Situation, die Stimmung zu sehen,
die einen animiert, ja geradezu zwingt, die Kamera anzusetzen
und dieses Besondere festzuhalten.
Und „husch“, schon ist es auch schon vorbei. Vergangen, aber festgehalten.

Wie schön doch Erinnerungen eingefangen werden können.


-auf dem Sofa, im Liegestuhl oder sonst wo zu sitzen, im Auto zu fahren
und aus heiterem Himmel d.h. ungeplant ein Gespräch mit seinem Sohn zu beginnen,
das einer von beiden anfängt. Über Gott und die Welt, über die Regierung,
einen Film, ein Buch, über eine mathematische Gleichung, den anstehenden Urlaub,
über Wein, die Amerikaner, über uns, die Familie, oder sonst etwas.
Wir reden miteinander. Normal. Zuhörend. Gebend und nehmend.
Gleichberechtigt.

Wie schön doch „Vater-und-Sohn sein“ sein kann.


-morgens (ohne Wecker-Schock) aufzuwachen, weil man ausgeschlafen hat;
zu frühstücken ohne Eile, ins Wetter und in sich hinein zu schauen
und sich zu fragen, was man denn heute gerne tun möchte und das dann auch zu tun;
so lange, bis einem ein neuer Gedanke in den Sinn kommt,
der alles über den Haufen wirft;
abends ins Bett zu gehen, nicht, weil man am Morgen früh raus muss,
sondern weil einem jetzt nach Schlafen ist.

Wie schön doch Selbstbestimmung sein kann.


-in der „dunklen“ Jahreszeit am Abend die Marschälle anzuzünden,
als Willkommensgruß für die Freunde, die zum Abendessen kommen;
den Kamin zum Brennen zu bringen, weil das leise Knistern
und die Bewegungen der Flammen
eine so herrlich besänftigende und inspirierende Wirkung auf alle ausüben;
sich an den stilvoll komponierten Tisch zu setzen
und sich von den von Ingrid perfekt zusammengestellten
und köstlich zubereiteten Gerichten die Geschmacksnerven kitzeln zu lassen.
Dazu in angenehm ruhiger Atmosphäre Gedanken mit Inhalt auszutauschen
und, nachdem alle Freunde gegangen sind, zu sagen: „was für ein gelungener Abend“.

Wie herrlich doch körperliche und geistige Nahrung schmecken kann.


-im Winter, so bei minus 6, 7 Grad, nachts um zwölf in den Garten und ans Wasser zu gehen
und sich von dem tausend- und abertausendfachen Geräusch
leise aneinander stoßender Glasglöckchen bezaubern zu lassen;
das Geräusch, das entsteht, wenn sich auf dem Wasser lauter kleine Eiskristalle bilden
und die erste hauchdünne, geschlossene Eisdecke bauen.

Wie schön es doch ist, der Natur beim Bauen ihrer kleinen Wunder zusehen
bzw. zuhören zu können.



-irgendwo auf dieser Welt die Seele baumeln lassen,
den eigenen Gedanken freien Lauf lassen, ihnen nachhängen
und plötzlich, ohne jeglichen Grund
verwandeln sich Gedanken in Verse.
Der Kuss der Muse.

Wie schön, von der Muse geküsst zu werden.


-an einem sonnigen, nicht so windigen Sommertag das Boot fertig zu machen und „auszulaufen“.
Mit festem Ziel oder ohne.
Es dauert nicht lange, vielleicht 5 Minuten, oder 6, und alles ist weg.
Nein, nicht alles. Das Wasser ist da, das Boot, die Landschaft,
Du und ich und sonst ist nichts mehr.
Dieses Gefühl, von allem frei zu sein, nur für diesen Augenblick da zu sein,
völlig in ihm aufzugehen, sich eins zu fühlen mit dieser Situation........

Wie schön sich Freiheit anfühlen kann.


-mit dem Boot irgendwo anzukommen und zu erleben,
wie sich Menschen in Bewegung setzen,
wie Bojen angesteuert, Enterhaken bedient, Leinen befestigt werden
und das Boot fest vertäut am Anlegeplatz liegt, fast ohne ein Wort zu verlieren.

Wie schön doch Teamarbeit sein kann.


-im bequemen Lehnstuhl im Zimmer oder im Liegestuhl unterm Apfelbaum zu sitzen
und ein gutes Buch zu lesen.
Und plötzlich fängt es an, im Hirn zu kribbeln.
Das gerade Gelesene hat etwas bewirkt, die Gedanken entfernen sich vom Gelesenen,
machen sich selbständig, entwickeln sich, etwas ganz Neues entsteht.
Noch im Kopf. Bald in der Realität?

Wie schön doch kreatives Kribbeln sein kann.


-sich ins Bett zu legen, um einzuschlafen; ganz bewusst den Kopf auszuschalten,
ihn frei zu machen, von Bildern, von Gedanken; Leere zu erzeugen,
eine unvorstellbar große Leere, eine Leere, die man sehen und spüren kann,
in sie hineinzufallen, sich in ihr zu verlieren,
ganz, ganz leicht in den Schlaf zu entschweben..............

Wie schön doch Schlaf sein kann.


-sich zurückzulehnen und Musik zu hören; die eigene Lieblingsmusik;
zu spüren, wie die Musik das Ohr erreicht und in das Ohr eindringt,
zärtlich, schleichend zieht sie durch das Ohr,
ist plötzlich im Herz, im Bauch,
sie füllt den ganzen Körper aus.
Die Musik ist in Dir und Du bist in ihr.
Sie entführt Dich, sie verführt Dich.

Wie schön, innere Harmonie zu spüren.


-sich zu Tode ärgern über seinen Partner, sich zu schwören,
ihn diesmal nicht ungestraft davon kommen zu lassen,
ihn anzugiften und leiden zu lassen –
um ihm dann doch alles zu verzeihen
und immer wieder einen neuen Anfang mit ihm zu wagen.

Wie schön doch Liebe sein kann.


-einen Artikel zu schreiben, ein Gedicht zu verfassen, ein Foto zu schießen,
ein Bild zu malen, einen Gedanken von sich zu geben und zu hören:
„typisch Thorsten“

Wie schön doch Eigenarten sein können.


-am späten Nachmittag mit einem Freund in die Sauna zu gehen,
sich von der Wärme umhüllen zu lassen und ganz entspannt ein Gespräch entstehen zu lassen.
Über sich selbst, über die Sorgen im Beruf, über die Erfolgserlebnisse,
über die eigene Familie, über die Probleme und die Freuden der Kinder,
über unterschiedliche Meinungen mit der eigenen Frau,
über George W. Bush und den Irak, über Palästina, den Euro, über Sex und überhaupt.
Nach der Meinung des Freundes fragen, ihm zuzuhören,
seine Antworten zu reflektieren, nicht werten und nicht nur geistige Nähe
sondern auch die Nähe des Herzens, gegenseitige Zuneigung zu spüren..........

Wie schön doch Freundschaft sein kann.




Djursholm, 2003




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Alles wird gut

Ich bin schwerkrank.
Ich glaub', ich werde sterben.
"Es wird alles wieder gut", sagt sie.
"Jetzt musst Du ganz stark sein", sagt sie.
"Du schaffst das", sagt sie.
"Ich weiß das", sagt sie.

Ich weiß, dass sie mir Mut machen will.
Ich weiß, dass sie sich Mut machen möchte.
Ich weiß, dass sie nicht möchte, dass ich sterbe.
Damit ich lebe.
Damit sie leben kann.

Mein Schicksal ist MEIN Schicksal.
Niemand kann es manipulieren.
Ich nicht.
Du nicht.
Niemand.

Ich werde tot sein.
Oder ich werde leben.
Alles wird gut.
So oder so.


Djursholm
Juni 2004



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My Life
 
Ständig nach Grösserem zu streben
Und dabei nicht vergessen, zu leben,
 
Sich nicht am Wert des Geldes berauschen
Und es gegen Schöneres einzutauschen,
 
Sich mit der (dem) Liebsten zu vereinen,
Und ab und zu vor Glück mal weinen,
 
Die Familie als höchstes Gut begreifen,
In der Individuen sich helfen, wachsen und reifen.
 
Ein Sinnesrausch beim Gourmet-Essen,
Bei Tschaikowski’s „Solonellen“ die Welt vergessen,
 
Sich durch den „Herrn der Ringe“ verzaubern lassen,
Die eigene Vision als Realität von morgen auffassen,
 
Mit einem Freund sich auszutauschen,
Und schweigend seinen Worten lauschen,
 
Grosses fühlen bei einem „grossen“ Wein,
Und mit sich selbst im Reinen sein,
 
Und sollte mal das Ende nahen,
Den Tod als Teil des Lebens bejahen.
 
Klinikum Solingen, März 2004
 
 
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Minus 25 Grad
 
 
Ich habe gehört,
wie hunderttausend Glöckchen schlagen.
Ich habe gehört, wie Eis entsteht,
auf das sich heute meine Füße wagen.
 
Ich höre, wie die Schlittschuhkufe
in‘s transparente Ostsee-Eis reinkratzt,
Die Luft so klirrend trocken,
dass die Haut zerplatzt.
 
Zwanzig Meter eisigkalten Tod unter den Füßen.
Vom gnadenlos blauen Himmel
lassen Cirruswolken grüßen.
 
Das Sonnenlicht blendend, grell und weiß,
Doch keine Wärme spendend,
auch sie gefriert im Eis.
 
 
Oxford, November 2005
 
 
 
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Aus Liebe zur Wahrheit
 
 
Die Wahrheit, die ich meine,
In Wahrheit fand’ ich keine.
Zu viele, die der Wahrheit entsagen,
Zu viele, die sie nicht ertragen,
Die sie zu unterdrücken versuchen.
Für „Friede, Freude, Eierkuchen.“
Diskreditiert, verleugnet, verbogen,
So ist’s um die Wahrheit schlecht bestellt,
Aus Angst vor der Wahrheit wird gelogen,
Aus Liebe, aus Machtgier, aus Dummheit, für’s Geld.
Vielleicht schafft ein offenes Wort hier Klarheit!
Und ein offenes Ohr.
Aus Liebe zur Wahrheit.
 
Oxford, Juni 2005




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Grenzbereich
 
Der eine, der hat einen weiten,
Ja, einen schier unendlich breiten,
Der die Gedanken inspiriert
Und ihn zu Großem animiert.
 
Beim Andern ist er eng und klein,
Fast scheint er gar nicht da zu sein.
Ist trotzdem gut stets aufgestellt,
Er merkt ja nicht, dass ihm was fehlt.
 
Jetzt gilt es noch, ihn einzukreisen:
Auf englisch nennt man ihn „Horizon“
 

 Oxford, Juni 2005



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Ausgeträumt
 
Viele Jahre von Freiheit geträumt,
Viele Jahre Freiheit versäumt.
Sich eingeredet, frei zu sein,
Daran geglaubt (das war gemein),
Irgendwann dann aufgewacht,
Überlegt und nachgedacht,
Kurz gesagt, sei’s, wie es sei,
Nein - ich bin nicht wirklich frei.
Stecke eben auch mit drin,
Wess’ Brot ich ess, dess’ Lied ich sing.
Und die Freiheit der Gedanken?
Illusion. Gerät ins Wanken.
Nicht zuletzt vom eigenen Geist
Zugeschnürt und eingekreist.
Ich kann es drehen, kann es wenden,
Unfrei werde ich verenden.
Doch: geb’ ich einst den Löffel ab,
Steig’ ich als freier Mensch ins Grab!

 
Oxford, Juli 2005
 



 
 
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Angst
 
 
Angst vor der Zukunft,
Angst vor der Not,
Angst vor Fragen,
Angst vor Versagen,
Angst vor Krankheit,
Angst vor dem Tod.
 
So......
Die Angst kommt geflogen,
Sie dringt in dich ein,
Du kannst sie spüren,
Du kannst sie berühren,
Sie beherrscht die Gedanken,
Du möchtest laut schrei'n.
 
Oder so ......
Dein Geist bleibt ganz ruhig,
Dein Körper entspannt,
Du lässt sie herein,
Doch sie bleibt dort allein.
Die Angst fliegt ins Leere,
Die Angst ist gebannt.

 
 
Cornwall, England - August 2005



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Wein und Weiber
 
Wein und Weiber sind auf Erden
Wahrer Freude Hochgenuss,
Denn beide lassen selig werden
Ohne dass man sterben muss
 
Wer das glaubt soll selig werden,
Doch wer glaubt schon solchen Stuss.
Wein und Weiber sind auf Erden
Nur ganz selten ein Genuss
 
Wie so oft bringt's nicht die Masse,
Das Klischee, das Einerlei,
Ein Weib braucht Rasse und auch Klasse,
Sonst hat Man(n) kein' Genuss dabei
 
Und auch beim Wein, ganz ohne Frage,
Wer auf sich hält, der sieht es so,
Gibt's auf der Welt nur eine Lage,
"Grand Cru Classé" - "Vive le Bordeaux"
 
 
Oxford, September 2005


 
 

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Das Leben
 
Am Anfang war das Leben.
Und nichts als das Leben.
Eine Hoffnung.
Kein Versprechen.
Eine Chance.
Keine Garantie.
Stetiger Wechsel.
Warm und Kalt.
Liebe und Geborgenheit.
Glück und Freude.
Angst und Leid.
Geplatzte Träume.
Unerwartete Glückseligkeit.
Ein Erlebnis.
Eine Herausforderung.
Eine Gefahr.
Eine Straße.
Keine Einbahnstraße.
Aber zurück bedeutet den Tod.
Ein Leben eben.
 
Immer WERDEN - niemals SEIN

 
Haan 2006

 
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Lügenbolde
 
Du lügst.
Oft und immer wieder.
Du meinst,
Der Mensch verträgt die Wahrheit nicht.
 
Du willst belogen werden.
Oft und immer wieder.
Denn auch Du
Verträgst die Wahrheit nicht.
 
Ich werde oft belogen.
Und fühle mich dabei betrogen.
Das ist kein Freund, der mich verletzt,
Weil höher seine Lügen er als meine Würde schätzt.

 
 
Haan 2007
 
 

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Bekennerbrief
 
- Eine beliebige Meinung
- Eine beliebige Ethik
- Eine beliebige Werteskala
- Eine beliebige Religion
- Einen beliebigen Geschmack
- Eine beliebige Moral
- Eine beliebige Überzeugung
- Ein beliebiges Rechtsempfinden
- Ein beliebiges Verständnis von Freiheit
 
Man kann das alles gutheißen,
 
.nur, um einfach nett zu sein
.um Konflikte zu vermeiden
.aus Gleichgültigkeit
.weil man es für tolerant hält
.weil man keine eigenen Überzeugungen hat
.weil es "in" ist
 
Früher oder später aber muss man Partei ergreifen,
wenn man menschlich bleiben will
 
Haan, Juli 2007
 
 
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OP


Die letzte Tür.
Jetzt geht sie auf.
Man schiebt Dich hindurch.
Die Lieben bleiben draußen.
Du bist allein.
So verdammt allein.
Du bist hilflos.
So verdammt hilflos.
Ausgeliefert.
Du schaltest ab.
Vollkommene Leere.
Das Schicksals nimmt seinen Lauf.


Haan, 2007
 
 

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